Vadec+: das Erbe von Eugène Poubelle, kombiniert mit modernster Spitzentechnologie

In La Chaux-de-Fonds beginnt mit Vadec+ eine neue Ära für die Abfallverwertung im Jurabogen. Ein besonderer Standort, eine verbesserte Energieproduktion und weniger Emissionen, Spitzentechnologie und Innovation für einen optimalen Betrieb und mehr Effizienz in einer neuen Anlage: Das sind spannende Herausforderungen, die wir bei BG gut kennen und meistern.

Sein Name war Poubelle. Eugène Poubelle. Im Jahr 1884 verpflichtete er die Pariser Wohneigentümer per Erlass dazu, ihren Mieterinnen und Mietern Behälter für deren Haushaltsabfall zur Verfügung zu stellen. Diese Holzbehälter, die im Innern mit Weissblech ausgekleidet waren, mussten mit einem Deckel versehen sein. So konnte der darin deponierte Haushaltskehricht regelmässig eingesammelt und aus der Stadt hinausgebracht werden, auf Deponien, wo die Lumpensammler sich Nützliches heraussuchten, bevor alles verbrannt wurde.

Eugène Poubelle setzte mit seiner Massnahme der damaligen Gewohnheit ein Ende, einfach alle Abfälle auf die Strasse zu kippen. Seine Erfindung war ein Riesenfortschritt – selbst, wenn die Eigentümer, die Hauswärte und die Lumpensammler zunächst alles andere als begeistert waren. Man mag dies für eine schöne Geschichte halten, doch in Wirklichkeit steckte dahinter eine revolutionäre Verbesserung der öffentlichen Hygiene. Vadec, das Abfallverwertungsnetz im Jurabogen, ist eine Art Fortsetzung dieser noch gar nicht so lange zurücklie-genden Entwicklung.

Im Kanton Neuenburg, genauso wie in der übrigen Schweiz, wurde die Mehrheit der offenen Abfallhalden zu Beginn der 1970er-Jahre abgeschafft. Seit dem Bau der ersten Kehrichtverbrennungsanlagen (Saidef in Cottendart/Colombier im unteren Kantonsgebiet, Cridor in La Chaux-de-Fonds im Jura) hat sich deren Effizienz stark verbessert: Heute werden grössere Mengen Abfälle verarbeitet und besser getrennt, und die Techniken haben sich weiterentwickelt.

Die Schweiz als doppelte Spitzenreiterin

2008 fusionierten Saidef und Cridor zur Firma Vadec SA. Das halböffentliche Unternehmen deckt die Kantone Neuenburg und Jura sowie den Berner Jura und einen Teil der nördlichen Waadt ab. Nun sollen die beiden Kehrichtverbrennungsanlagen zusammengelegt werden. Voraussichtlich 2027 wird in La Chaux-de-Fonds unter dem Namen Vadec+ eine einzige Anlage ihren Betrieb aufnehmen. Das „+“ im neuen Namen steht nicht etwa im Zusammenhang mit der Menge zu verwertender Abfälle, sondern vielmehr für umweltschonende Spitzenleistungen mit einer höheren Energieeffizienz. Dadurch wird es möglich, das Fernwärmenetz von La Chaux-de-Fonds zu erweitern und die Stromproduktion zu erhöhen.

Vadec+ tritt an die Stelle der Kehrichtverbrennungsanlagen von Colombier und von La Chaux-de-Fonds, die heute zusammengenom-men 120 000 Tonnen Abfall jährlich verwerten. Die in der neuen Anlage verwertete Kehrichtmenge berücksichtigt eine potenzielle Be völkerungszunahme, aber gleich zeitig auch die mögliche Verbesserung der Abfalltrennung und des Recyclings vor der eigentlichen Entsorgung. Denn im internationalen Vergleich sind die Schweizerinnen und Schweizer unter den Spitzenreitern, wenn es um Recycling geht – leider aber auch bei den produzierten Abfallmengen. Fabien Depenne, Projektleiter bei BG, bestätigt: „Anlagen wie diejenige von Vadec sind keine Staubsauger für Abfälle. Die Politik muss sich darüber im Klaren sein, dass vor der Entsorgung weitere Anstrengungen erforderlich sind, um die Abfallmenge zu reduzieren und besser zu trennen, bevor die verbleibenden Abfälle in die Anlage gelangen. Die vorgeschlagene Dimensionierung entspricht einem sinnvollen Gleichgewicht zwischen der voraussichtli-chen Bevölkerungsentwicklung und dem Verhalten der Gesellschaft.“

Anders bauen – am bestehenden Standort

Die Anlage von Cridor in La Chaux-de-Fonds wurde ursprünglich auf dem Gelände des früheren Gaskraftwerks errichtet. So konnte das existierende Gasleitungsnetz genutzt werden, um die Abwärme weiterzuleiten. In den Jahren 1992–93 wurde die Anlage am selben Standort ausgebaut und optimiert, ohne den Betrieb zu unterbrechen. Vadec+ steht vor derselben Herausforderung: Es gilt, den Standort einzurichten und zu erweitern und gleichzeitig den bestehenden Betrieb zu erhalten.

„Wir verfügen bereits über Anlagen der dritten Generation, und es muss uns gelingen, durch die Nutzung von Technologien des 21. Jahrhunderts weitere Verbesserungen zu erzielen. Der Verbrennungsprozess hat sich praktisch nicht verändert. Die Emissionsbehandlung hingegen wird leistungsfähiger sein, obwohl die Anlage bereits heute die Grenzwerte einhält. Das Streben nach mehr Energieeffizienz führt zur Schaffung neuer, bereichsübergreifender Modelle der Kreislaufwirtschaft“, erklärt Fabien Depenne, der für die interdisziplinäre Koordination unter den Partnern zuständig ist. „Was die transversalen Fachgebiete angeht – belastete Standorte und Böden, Geotechnik, Gebäudetechnologie, Fernwärmenetze usw. –, verfügt BG über die erforderliche Expertise und kann in Verbindung mit seiner Erfahrung mit BIM beim Bauen dem Kunden einen echten Mehrwert bieten.“

Eine Branche im Wandel – erfolgreich planen für die nächsten 40 Jahre

Die Methode des BIM (Building Information Modeling), eine Technik der 3D-Modellierung, ermöglicht BG nicht nur, Infrastrukturbauten zu entwerfen, umzusetzen und zu verwalten, sondern auch, Erweiterungsarbeiten wie im Fall von Vadec+ zu betreuen. Das Projekt in La Chaux-de-Fonds ist für BG nach den realisierten Vorhaben in Paris und in Genf bereits die dritte Abfallverwertungsanlage mit Wärmerückgewinnung in städtischer Umgebung. Es gilt, sich an einen komplexen geografischen Kontext an-zupassen: Nähe zu einer Schule und zu Wohngebäuden (einige davon im geschützten UNESCO-Welterbebereich), aber auch den geplanten Bau einer Umfahrung, welche die Verkehrsflüsse und die Ankunft der Lastwagen in der Anlage von Vadec beeinflussen würde. Zudem hat die Stadt vor, unter der Place des Forains ein unterirdisches Parkhaus anzulegen. Die nähere Umgebung wird sich also in nächster Zeit stark verändern.

„Wir bauen für 40 Jahre. So weit müssen wir planen können, sowohl was die Bedürfnisse als auch die technologische und materielle Reife angeht. Dazu müssen wir unsere Gestaltungsmethoden weiterentwickeln, um einen agilen Ansatz verfolgen zu können“, erzählt Fabien Depenne be-geistert. „Wir interessieren uns sehr für innovative Ansätze, und unser Kunde ist äusserst offen und hört auf uns. Es ist ein sehr motivierendes Projekt!

“Wer hätte damals gedacht, dass der umstrittene Impuls von Eugène Poubelle sich auf diese Weise wei-terentwickelt? Im Französischen ist der Name des Präfekten von Paris auch heute noch fast täglich in aller Munde, ist er doch die übliche Bezeichnung für den Abfalleimer. Er hat es verdient, dass eine Strasse nach ihm benannt wurde: Sie befindet sich im 16. Arrondissement von Paris. Aber leider – was für ein monumentaler Fehler! – handelt es sich nur um eine unscheinbare Sackgasse.

BILDER: © MECUM
(Artikel aus dem BG Magazine 2022, aktualisierte Version auf der Website)